Ralf K.

Ralf K., 54 Jahre, nicht verheiratet, 1 Sohn, Galerist in Hamburg.
„Manchmal nervt es, aber eigentlich habe ich den besten Job der Welt!“

Hamburg, 53°33'6.87"N 9°58'49.96"E, 12.11.2017


Ich arbeite seit 25 Jahren an meinen eigenen Projekten, hatte auch internationale Ausstellungen, Sammler, die meine Arbeiten gut finden und deswegen auch kaufen.
Für mich war es immer wichtig, dass sich meine Arbeiten selbst finanzieren durch Verkäufe vorheriger Arbeiten, oder grosse Projekte durch Auftraggeber finanziert werden. Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass mich eigentlich der ganze Kunstmarkt nicht sonderlich interessierte. Wenn ich eine Ausstellung bekam, nahm ich das als gegeben hin.
Bis ich anfing, eine Galerie für meine Arbeiten hier in Hamburg zu finden mit der ich zusammen arbeiten möchte, weil ich hier jetzt wohne. Ich fand heraus: das ist ziemlich schwierig!
Zufällig war ich bei einer Finissage bei Feinkunst Krüger und traf dort Ralf, den Galeristen. Ich wollte von Ihm wissen, wie er so die Kunstszene sieht.

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Feinkunst Krüger hört sich nicht nach einem internationalen Unternehmen an.

„Ich musste den Laden ja irgendwie nennen. Früher, vor 19 Jahren im Portugiesenviertel, in dem ich mit meiner damaligen Freundin unsere erste kleine Galerie eröffnete, war unser Nachbar (und Vermieter) Feinkost Meyer. Da wir zuerst Siebdruckplakate verkauften, sogenannte Fine Art Prints, haben wir dann so mit dem Namen gespielt. Unser erstes Logo war auch passend in einer Brötchentüten –Schrift gestaltet.
Vor 6 Jahren bin ich dann in die heutigen Galerieräume umgezogen und weil er gut eingeführt war, habe ich den Namen Feinkunst Krüger beibehalten.“

Was stellst du heute aus?

„Meine großen Schwerpunkte der Ausstellungen liegen auf Malerei und Zeichnungen. Das ist aber auch ein weites Feld geworden, da Zeichnungen mittlerweile nicht mehr nur auf dem Papier stattfinden, sondern auch im Raum. Genauso, wie sich viele Maler jetzt skulptural ausdrücken. Für mich bedeutet das, neben Malerei und Zeichnungen stelle ich auch Installationen aus.
Fotografie stelle ich eher selten aus, Video-Installationen sehr selten, einfach, weil ich mich in diesen Gebieten nicht so auskenne.“

Was macht für dich einen guten Galeristen aus?
„Ein guter Galerist nimmt seinen Beruf ernst, in dem er seine Künstler und das Publikum ernst nimmt. Dem es nicht in erster Linie darauf ankommt, das schnelle Geld zu machen, sondern versucht Qualität auszustellen und diese auch seinen Kunden zu vermitteln. Klar, ganz wichtig: seine Künstler gut zu behandeln und sie aufzubauen.“

Was ist für dich Qualität?
„Schwierige Geschichte, werde ich öfters gefragt. Ich glaube, wenn man sich lange genug in diesem Umfeld befindet, erkennt man eine gewisse Art von Qualität.
Das kann eine handwerkliche Qualität sein, das können aber auch Objekte sein, die sehr einfach sind, sagen wir mal wie Arbeiten von Patrick Sellmann. Seine Qualität besteht auch darin, dass der Mann eine Ideenmaschine ist!“

Ist ein Bestandteil dieser Qualität Ernsthaftigkeit?
„Jeder Künstler sollte sich und seine Arbeit schon ernst nehmen. Das heisst aber nicht, dass das Werk nicht lustig sein kann. Der Künstler muss das aber schon richtig ernst meinen!
Es gibt ja Leute, die arbeiten nebenbei als Künstler. Es gibt Hobbykünstler, die aus Spass an der Freude malen, dass ist auch absolut in Ordnung. Es ist aber etwas anderes, wenn jemand sein Künstlerleben auch tatsächlich lebt. Versucht davon zu leben und auch zu überleben. Das ist dann schon eine bisschen andere Geschichte!“

Im Internet kann man dich unter deiner Galerie-Seite finden, aber das war es dann auch schon. Verkaufst du die Kunst deiner Künstler nicht auch über das Internet?
„Du kannst auf meiner Seite unter „vorherige Ausstellungen“ -Bilder der Ausstellung-die einzelnen Werke anschauen und dann die Verfügbarkeit und weitere Informationen direkt anfragen.“

Meine Frage wer eher: du hast eine klassische Galerie…….
„Ich weiss, worauf du hinaus willst. Kunst über das Internet zu verkaufen, unabhängig von der Galerie, ist ein Geschäft, mit dem ich mich wenig beschäftige. Das liegt auch daran, dass ich denke, ernsthafte Kunst verkauft sich wenig über den virtuellen Raum. Du musst die Werke live in der Galerie sehen!
Ok, wenn du die Werke schon gesehen hast und sie kennst, z.B. von Henning Kles oder Thorsten Passfeld, kannst du sie nach einem Foto über das Internet kaufen.
Ich muss aber auch sagen, ich bin ein Ein-Mann-Unternehmen und die Website ist meine Schwachstelle, immer noch! Sie ist aber auf jeden Fall besser geworden! Das kann ich aber noch besser machen!“

Wie „betreust“ du deine Künstler?
„Bei meinen festen Künstlern versuche ich, alle 2- 3 Jahre eine Solo -Ausstellung für sie zu arrangieren oder ich bringe sie in eine Gruppenausstellung woanders unter. Manchmal bringe ich sie auch in einer anderen Galerie unter, wenn es passt. Ich kann es mir aber nicht leisten, grosse Kunst-Messeauftritte für sie zu ermöglichen, das gibt meine finanzielle Kapazität einfach nicht her.
Insofern, wenn eine grosse Galerie meine Künstler anspricht, sind sie auch oft weg. Ist dann so. Der Kontakt zu ihnen bricht aber meistens nicht ab. Es kommt dann schon vor, dass sie bei mir noch einmal ausstellen. Manchmal sind sie auch paar Jahre weg und kommen dann wieder zurück. Was mir wichtig ist, ist das freundschaftliche Verhältnis zu meinen Künstlern. Klar, ich bin nicht mit jedem richtig befreundet, mit vielen aber schon. Das ist mir wichtig, da unsere Zusammenarbeit sehr eng ist und ich keine Lust habe, mit Idioten zusammen zu arbeiten. Das will ich nicht, da habe ich kein Bock drauf. Vielleicht kann ich, gemessen an grösseren Galerien, nicht soviel erreichen für meine Künstler. Wie gesagt, Messen sind teuer, aber ich behandele sie meistens besser. Ich bin gegenüber meinen Künstlern sehr ehrlich und sie wissen dann: Krüger kann das leisten oder das geht nicht.
Ich glaube kaum, dass grosse Galerien so eine Gips –Ausstellung durchgezogen hätten, wie ich sie mit Simon Hehemann und Stefan Vogel gemacht habe. Die beiden finde ich als Künstler und Menschen unheimlich spannend. Nebenbei, von der Ausstellung spricht man heute noch!“

In einer Galerie spielt ja das Finanzielle eine Rolle und Galerist studieren kann man ja auch nicht.
„Das ist learning by doing. Es hängt viel davon ab, wie ich mein Jahr plane. Auf der einen Seite muss ich Künstler zeigen, die ich schon ausgestellt habe, einfach um zu sehen, wie die sich entwickeln. Ich muss aber auch etwas Neues bringen, damit ich neue Künstler an den Start bekomme. Ich mache dann also Soloausstellungen, auch Gruppenausstellungen, wobei ich immer daran denken muss, welche Ausstellung könnte ich verkaufen, welche ist eher so ein Wackelkanditat, was Verkäufe angeht. Ich habe nie eine Sicherheit, ich muss aber alles kalkulieren und zusammensetzen. Vier wackelige Ausstellungen hintereinander zu packen und dann kommt der August, in dem ich frei habe… dann würde ich ein Problem haben!“

Du machst dir einen Jahresplan?
„Ja, 2018 ist verplant, 2019 ist schon einiges angesetzt.
Wie gesagt, finanziell habe ich keine Sicherheit ob das gut geht. Aber mittlerweile mache ich das ja auch schon ein bisschen länger und irgendwie klappt das auch immer.“

Wenn du eine Vernissage machst, die Verkäufe der Werke, wann finden die statt?
„Total unterschiedlich, kann ich nicht sagen, ist wirklich total unterschiedlich.
Es gibt Ausstellungen bei denen ich schon vor der Vernissage verkaufe. Wenn Sammler von Femke Hiemstra mit bekommen, dass ich eine Ausstellung mit ihren Arbeiten mache, finden die es heraus und kaufen schon vorher.
Ich habe spezielle Sammler, für die mache ich eine Preview, also einen Tag vor der Vernissage. Da wird dann auch schon viel verkauft. Es gibt da keinen Regelfall. Wobei, bei jemanden wie Jim Avignon, wissen die meisten Leute schon Bescheid. Seine Sachen sind nicht teuer und da geht es dann ziemlich schnell, dass eine Ausstellung fast komplett verkauft ist.“

Ist es auch ein Erfolgsmodell deiner Galerie, dass die Werke die du ausstellst nicht so hochpreisig sind?
„Das ist am Anfang so gewesen, Ich habe versucht, günstige Werke anzubieten. Auch Editionen, die dann wirklich auch noch einmal günstiger waren als Unikate. Besucher konnten teilweise für 20€ bis 50€ Bilder kaufen. Das mach ich nicht mehr. Ist so ein bisschen eingeschlafen, weil das für den Künstler sehr aufwendig war. Jetzt ist es so: ich freue mich, wenn ich meinen Kunden etwas günstig anbieten kann. Ich arbeite aber auch mit renommierten, internationalen Künstlern zusammen, die ihren Preis haben. Das ist eben so.“

Grade so Preise von Werken zwischen 2000€ – 8000€, werden die gekauft? Ein Galerist in NY meinte mal zu mir, dass diese Range der Preisgestaltung schwierig ist. „Entweder verkaufst du die mit einer Null weniger oder mit einer Null mehr.“
„Ich weiss, was du meinst. Bei mir ist das anders. Im Laufe der Jahre habe ich mir mein Publikum letztendlich selber hier reingezogen. Ich verkaufe in der Spanne 1000€ -5000€ ganz gut. Das ist so die Spanne, in dem sich in meiner Galerie viel bewegt. Wenn hier grössere Bilder hängen, kosten die auch schon mal 10.000€ bis 15.000€.
Der Regelfall ist aber eher so unter 10.000€.“

Wie findest du die Situation „Kunst“ in Hamburg?
„Schwierig! Hamburg ist in diesem Sinne keine Kulturstadt. Künstler, die hier ausstellten meinten schon: „Hamburg, das sind Protestanten, im Rheinland oder überhaupt in Süddeutschland, gehen die Leute mit der Kultur bisschen anders um.“
Es gibt ja in HH auch ein paar grössere Sammler, die ich aber kaum kenne. Die kaufen eher nicht in den Hamburger Galerien, die kaufen auf der Art Colonge, Art Basel, Art Basel Miami Beach, die kaufen international. Es ist ja nicht nur einmal passiert, dass Künstler von mir abgegangen sind und den Sprung zu grösseren Galerien schafften und dann auch auf den grossen Messen gezeigt wurden. Dort ist der Preis ihrer Werke natürlich höher. Ich denke dann immer: warum gucken die Leute denn nicht bei mir vorher? Die Leute warten wirklich bis Künstler bei grösseren Galerien unter Vertrag sind, dann sind sie sicherer, zahlen dann aber das Vielfache für das Werk, das sie hier schon hätten haben können. Zu einem günstigeren Preis! Das ist denen dann aber auch egal, weil sie genug Geld haben. Mir fehlt hier in Hamburg so die Risikofreude, das Eigenständige im Sinne von: das gefällt mir, dass will ich wirklich haben.
Dir muss ein Werk doch gefallen, du musst damit leben. Beim Kauf eines Werkes erst danach an dessen Wertsteigerung achten.
Hennig Kles meinte mal dazu: „viele Leute kaufen nicht mit den Augen, die kaufen mit den Ohren.“
Ich bin der Meinung, Menschen müssen sich mit der Kunst beschäftigen, bis sie ihren eigenen Geschmack gefunden haben. Viele Leute denken, ich gehe mal in eine Galerie und ich weiss gleich genau bescheid.
Ich sage meinen Kunden: schaut euch viel an, schaut euch um, geht in viele Galerien, entwickelt eueren eigenen Geschmack, lernt erst einmal euren Geschmack kennen, lernt was euch gefällt, bevor ihr etwas kauft.
Meine Kunden kaufen die Werke, die ihnen dann wirklich gefallen und ich stelle das aus, was mir wirklich gefällt.“

Fühlst du dich eigentlich selber als Künstler?
„Nein. Natürlich ist es ein Business, was ich mache, aber nicht nur. Ich hatte einmal ein Gespräch über jemanden, der solange seine Kunden bequatscht, bis sie das Bild kaufen. Das mag ich nicht, das finde ich nicht gut. Du musst die Leute schon selber entscheiden lassen.
Ich habe das öfters schon erlebt, zum Beispiel auf grossen Messen, wo es nur um den Verkauf ging. Die Verkäufer hätten auch Autos anstatt Kunst verkaufen können.

Was empfiehlst du Künstlern, die eine Galerie suchen?
„Mhm, ich werde hier dichtgeballert mit Anfragen von Künstlern. Ist bisschen schwierig, die ganze Geschichte. Kannst du dir ja vorstellen: ich mache 11 Ausstellungen im Jahr, was schon wirklich sehr viel ist. Wie gesagt, 2018 ist durch, 2019 habe ich auch schon Geschichten. Wenn ein Künstler mir eine Mail mit seinen Werken schickt, habe ich fast keine Zeit mir die anzuschauen. Ein Weg sind Empfehlungen von Leuten, die ich kenne. Die kennen meine Galerie, die wissen wie ich ticke, die wissen ungefähr, was passen könnte. Wenn mir ein Künstler, mit dem ich schon lange zusammen arbeite sagt: hey, guck dir den mal an! Da schaue ich dann eben wirklich hin, im Gegensatz zu denen, die per Mail einen Rundbrief an 2000 Galerien schicken.
Natürlich laufe ich auch durch die Gegend und schaue mir Arbeiten an. Aber das ist im Laufe der Jahre weniger geworden.
Es wird ja gesagt, man soll nicht auf Galeristen zugehen, man soll entdeckt werden. Aber das ist natürlich auch Quatsch. Da kannst du dann auch Millionen Jahre warten. Ich würde denen empfehlen: zu recherchieren, ihre Arbeit erst einmal zu reflektieren, was mache ich da eigentlich? Sich dann zu fragen, welche Galerie könnte wirklich zu mir passen? Wo passt das Programm, wo kann ich mir vorstellen, aufgehoben zu sein? Das ist schon mal wichtig und die Galeristen dann einfach trotzdem anschreiben. Schönes PDF von seinen Werken zu erstellen, mit einem kurzen Text, mit ein paar Bildern und nicht gleich 50 Arbeiten, sondern 10 oder 20 Bildern. Obwohl, Aussicht auf Erfolg ist da nicht kalkulierbar.
Wenn eine Arbeit wirklich outstanding ist, kann das schon mal sein, dass ich zurück rufe.
Aber wie gesagt, es ist oft so, dass es über Beziehungen oder Vermittlung läuft.“

Wie siehst du deine Zukunft als Galerist?

„Die Galerie ist gewachsen, ich bin als Galerist bekannter geworden. Mich kennen andere Galerien und Käufer mittlerweile, auch in grösseren Städten Deutschlands und darüber hinaus. Ich habe da schon etwas aufgebaut und arbeite in meiner Art daran weiter. Ich glaube manchmal, wenn alles zu stressig ist und man kein Geld verdient: es ist alles zuviel! Aber sehr oft denke ich: ich habe den besten Job der Welt!“


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