Juan Antonio Hilario Otero

Über „Jamón Ibérico“ oder „Jamón Serrano“ und Olivenöl, das „Flor de Aceite“.
Juan Antonio Hilario Otero, Hamburg

Hamburg, 53°34'34.34"N 10° 2'43.81"E, 10.06.2025


Wenn Juan Antonio Hilario Otero über Oliven spricht, funkeln seine Augen. Er steht in seinem weissen Food Truck, irgendwo zwischen spanischer Seele und deutschem Asphalt in Hamburg auf dem Isemarkt. „Probier mal“, sagt er leise, als er einem Gast gerade eine Tapas-Platte mit hauchdünnem Jamón Ibérico reicht – mit einem kleinen Schälchen grünem Olivenöl. „Das ist nicht irgendein Öl. Das ist der kostbarste, erste Tropfen.“
Toni, wie alle ihn nennen, ist 60 Jahre alt. Geboren in Vigo, Spanien. Als er 7 Jahre alt wurde, zog seine Familie nach Deutschland – „Da haben wir alles zurückgelassen und neu angefangen“. In der Schule musste er von vorn beginnen, obwohl er in Spanien schon die erste Klasse besucht hatte. „Die dritte Klasse habe ich hier auch noch wiederholt. Mein Deutsch war nicht gut genug.“ Doch Toni kämpfte sich durch, machte seinen Hauptschulabschluss und eine Ausbildung als Schlachter. Nach der Lehre arbeitet er in seinem Beruf mal hier mal da, vergass aber nie, wo er geboren wurde. Heute betreibt er einen kleinen Laden mit spanischen Spezialitäten und einen Food Truck – aber keinen gewöhnlichen. Einen American-Wagen sagt er lächelnd , umgebaut, blitzblank, mit spanischen Spezialitäten: Schinken, Käse, Chorizo. Und sein ganzer Stolz: ganz besondere Schinken und ein ganz besonderes Olivenöl aus Spanien.
Die Geschichte eines Tropfens
Dieses Öl ist anders. Es stammt aus Rioja, wo ein Arzt aus Madrid beschlossen hatte, die Olivenhaine seiner Eltern nicht nur zu bewahren, sondern in etwas Außergewöhnliches zu verwandeln. „Er macht alles selbst“, erzählt Toni. „Kein Zwischenhändler, keine Industrie – alles Handarbeit. Und das schmeckt man.“
Besonders stolz ist Toni auf das Öl „Flor de Aceite“ (Blume des Öls): Es entsteht nicht durch mechanische Pressung, sondern allein durch das Eigengewicht der Oliven. Frisch geerntet werden sie zur Vorbereitung der Pressung übereinander geschichtet, und über Nacht tritt ein kleiner, kostbarer Strom gold- grüner Flüssigkeit aus. „Das ist der reinste Teil des Oliven-Öls“, sagt Toni. „Nur Aroma, keine Bitterkeit. Der Säurewert liegt bei 0,1 – das ist fast unschlagbar.“ Es ist extrem rar, sehr mild, aromatisch und gilt als eine Art Essenz des Olivenöls. Wie viel Öl dabei herauskommt und er bekommt, weiß er vorher nicht genau. Manchmal gibt es dieses Öl gar nicht – in Jahren, wenn das Wetter zu trocken ist, bleibt die Ernte mager. „Es ist ein Naturprodukt. Kein Jahr ist wie das andere.“
Ein Luxusprodukt in kleinen Flaschen zu einem erschwinglichen Preis
50 Liter verkauft Toni davon im Jahr – wenn er Glück hat und soviel bekommt. Spanische Luxus-Restaurants haben schon angeklopft, doch der spanische Arzt bleibt seinem Prinzip treu. „Ich war einer der Ersten, die ihn unterstützt haben“, sagt Toni nicht ohne Stolz. „Darum fragt er mich jedes Jahr zuerst.“
Die Kunden an seinem Food Truck merken schnell, dass sie hier nicht nur ein Produkt kaufen – sondern auch eine Geschichte. Und sie schmecken den Unterschied. „Einmal hat mir jemand gesagt: ‚So ein Öl hab ich noch nie probiert.‘ Da wusste ich: Das ist es.“
Oliven mit Charakter
Für das Olivenöl, dass er generell anbietet werden zwei Sorten verwendet: Arbequina – „die Königin der Oliven“, wie Toni sie nennt – und Picoal, die kleinste Olive Spaniens. Manchmal sortenrein, manchmal gemischt in grösseren Flaschen. In den kleinen 250-ml-Flaschen verkauft er das erste gold-grüne Öl der Arbequina, das ganz selbstverständlich auch bio ist. „Aber das schreiben wir nicht überall drauf“, meint Juan. „Wer’s probiert, merkt das sofort.“
Toni ist kein Großhändler. „Ich will kein Öl bunkern. Nach zwei Jahren verliert es an Geschmack – das wäre schade drum.“ Lieber wartet er auf die neue Ernte, auf die nächsten Tropfen, die sich langsam, ganz langsam, aus der Olive lösen.
Für ihn ein Stück Heimat im Glas
Wenn Toni über das Öl spricht, dann erzählt er eigentlich von sich selbst. Vom Weg, den er gegangen ist. Von dem Vertrauen und der Geduld, die es braucht, an seinen Weg zu glauben. Sein kleiner Laden in Hamburg Barmbek -Süd und der Food Truck für die Wochenmärkte sind der Beweis dafür, dass sich Qualität durchsetzt – auch ohne große Werbung.
Zwischen spanischen Tapas, deutschem Fleiß und einem Hauch von Luxus findet man bei Toni nicht nur erstklassige spanische Ware, sondern auch eine Geschichte. Und manchmal – wenn das Jahr in Spanien nicht zu trocken war – Tropfen gold-grüner „Flor de Aceite“, abgefüllt in kleinen Flaschen.


Über Jamón Ibérico und Jamón Serrano

Erzählst Du mir etwas über die Schinken, die Du anbietest?
Die hochwertigste Ware, ,Jamón Serrano, kommt aus Sierra Nevada – etwa 1.700 Meter über dem Meeresspiegel. Die Luft ist sehr rein, dort reift der Schinken in Höhlen.
Meistens Duroc-Schweine, Duroc ist eine Kreuzung zu 50 % mit Hausschweinen – die sind schön marmoriert und haben super Fleisch. Wenn man 100 % Duroc nimmt, ist das vielen zu fett – kommt hier in Deutschland nicht gut an. Deshalb nimmt man meist 50 % Duroc – Kreuzung, so bleibt der Geschmack erhalten, aber es ist trotzdem magerer. Die kommen aus der Ebene rund um Granada.

Und sind die freilaufend oder im Stall?
Beides. Meine Produzenten arbeiten mit verschiedenen Bauernhöfen zusammen. Manche halten ihre Tiere im Stall, andere draußen.

Merkt man das geschmacklich?
Ja, wenn das Schwein draußen lebt, bewegt es sich mehr – das Fett ist anders. Schmeckt man schon. Aber das Wetter, die Haltung, das alles spielt mit rein.
Und du sagst, die Stallhaltung ist auch nicht Massentierhaltung?
Nein, meistens nicht. Ich habe zwar auch Großproduzenten dabei, aber vieles ist kleiner gehalten. Wenn ich bestelle, bekomme ich oft nicht die volle Menge Schinken, die ich haben möchte. Die kleinen Hersteller produzieren nur begrenzt. Das liegt an ihrer Produktionsweise. Sie experimentieren viel, um immer noch besseren Schinken herzustellen.

Wie kann es passieren, dass ein Schinken während der Reifung verdirbt?

Wenn bei der Herstellung ein Fehler passiert, merkt man das oft erst Jahre später. Der Reifungsprozess dauert lange – zwischen 24 und 54 Monate. Man kann nicht zwischendurch prüfen, ob alles richtig läuft. Die Qualitätskontrolle ist archaisch und präzise: Mit einem spitzen Röhren-Knochen – früher und auch heute noch vom Pferd –, mit dem man in den Schinken sticht, rauszieht und dann daran riecht. Wenn der Schinken verdorben ist, merkt man das sofort, allerdings durch den langen Reifeprozess meist zu spät. Ich hatte mal so einen – den musste man dreifach verpackt sofort entsorgen. Unglaublich, wie stark dieser Verwesungsgeruch war.
Welche Fehler passieren da genau?

Ein Beispiel: Wenn Schinken während der Salzung umgepackt werden, müssen sie gleichmässig über Tage, von oben nach unten geschichtet werden, damit sie durch den Druck Flüssigkeit verlieren. Wenn der „Maestro Jamonero“ in den Jahren nicht die Reihenfolge beachtet, bekommen die Schinken keinen Druck, es bleibt Wasser drin. Diese Feuchtigkeit löst das Meeresalz und schwächt die Konservierung. Dann ist der Schinken anfällig.
Wer kauft hochwertigen Schinken?

Eigentlich jeder. In unserer heutigen Zeit werden die Familien kleiner, da kauft man lieber kleinere Stücke – oft auch als Geschenk. Gerade zu Weihnachten oder Ostern ist Schinken sehr beliebt.
Wie lange hält ein ganzer Schinken?

Leider haben wir in Hamburg keine ideale Luftfeuchtigkeit. Man sollte einen Schinken spätestens nach vier bis sechs Wochen aufbrauchen. Bei acht Kilo sind das, ohne Knochen, viereinhalb bis fünf Kilo Fleisch. Das lohnt sich nicht für Singles oder Paare – das ist eher was für Freunde, Familie, größere Runden.
Wie sollte man den Schinken lagern?

Am besten: anschneiden, mit Freunden genießen – und den Rest zerlegen, vakuumieren oder im Kühlschrank aufbewahren. Manche bewahren Schinken auch in einem Humidor auf – das geht natürlich auch.
Wer sind bekannte Produzenten in Spanien?

Ich arbeite gern mit Simón Martín zusammen. Es gibt auch Zelko – aber auch viele andere gute. Früher hatte ich einen Bio-Produzenten, der nur 100 Stück im Jahr gemacht hat. Die Vorbestellungen liefen sechs Jahre im Voraus. Das war der beste Schinken, den ich je hatte – 100 % Eichelmast, Jamón Ibérico, Bio, Qualität auf allerhöchstem Niveau. Aber der Preis lag bei 1.000 Euro – das war irgendwann zu viel.
Wie unterscheiden sich geschmacklich Vorder- und Hinterläufe?
Der Hinterlauf – also die Keule – ist schwerer, magerer und hochwertiger. Die Vorderkeule hat weniger Fleisch, eher zwei bis drei Kilo. Geschmacklich ist sie aber auch sehr gut – nur etwas durchwachsener. Die Schulterstücke eignen sich gut als Geschenke für kleinere Haushalte.
Woran erkennt man einen guten Schinken?

Das Fett darf nicht gelb sein – dann ist es ranzig. Außen darf es gelblich sein, aber innen sollte das Fett schön weiß oder leicht rosig sein. Die Struktur muss rund und fest sein – nicht matschig. Und geschmacklich: Beim Eichelschinken, Jamón Ibérico de Bellota, schmeckt man erst das Fett, dann kommt ein nussiger Ton – das ist nicht jedermanns Sache. Manche mögen’s nicht so fettig. Aber Fett transportiert den Geschmack – das ist das Entscheidende.
Wie unterscheidet sich Schinken von Eichelschweinen zu anderen?

Der Eichelschinken ist nussig, fettig – das ist sehr speziell. Andere, etwa die mit Weizen gefüttert wurden, haben auch Fett, aber das ist weniger intensiv. Wenn man eine Scheibe Jamón Ibérico in die Sonne legt, schmilzt das Fett. Beim Serrano nicht – der trocknet einfach. Das ist auch ein Unterschied in der Wurstherstellung: Für Iberico-Wurst braucht man viel Fett, aber das lässt sich schwer verarbeiten. Ein Tipp: Fleisch vom Iberico, Fett vom normalen Schwein – das verschmilzt besser und gibt eine bessere Konsistenz.
Werden hochwertige Schinken gewürzt?
Nein, nur mit Meeres Salz. Bei günstigen Varianten wird er manchmal mit Zucker eingerieben oder mit Mischungen gearbeitet. Das beeinflusst den Geschmack – aber hochwertige Schinken brauchen das nicht.


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