Nancy S.

Nancy S., 33 Jahre, Wirtin, geschieden, eine zwölfjährige Tochter, Skerbersdorf.
„Ich habe meinen Freund hier in der Gastwirtschaft kennengelernt. Und da er die familiengeführte Gastwirtschaft nicht weiterfüren will, mache ich das jetzt mit meiner zukünftigen Schwägerin zusammen.“

51°30'7.90"N, 14°48'33.89"E, 10.06.2014


Die Gastwirtschaft „Zur Eiche“ ist seit 1925 in Familienbesitz. Da der Sohn des heutigen Betreibers sie nicht weiterführen will und kann, er ist Landwirtschaftsmaschinentechniker, macht es nun Nancy S. Im Gegensatz zu anderen Gastwirtschaften, die nach der Wende versuchten, sich dem „westlichen Stil“ anzupassen (mit stilistisch zweifelhaften Ergebnissen) hat diese Wirtschaft noch die original 70er Jahre Einrichtung der letzten Renovierung. Nancy S. möchte sie unbedingt so erhalten. Das Dorf hat heute eine Einwohnerzahl von 237 Menschen, vor der Wende waren es 450. Das jüngste Kind ist 12 Jahre. Die 20 bis 45 jährigen sind aus Arbeitsgründen größtenteils weggezogen.
Das hat zur Folge, dass Skerbersdorf fast kein soziales Leben mehr hat. Die freiwillige Feuerwehr hat zu ihrem Erhalt nicht mehr genug Mitglieder, ebenso wie der Fussball- oder Sportverein. Die einzige Möglichkeit der Bewohner, einen sozialen Kontakt zueinander herzustellen, ist Nancy`s Wirtshaus. Wenn die Wirtschaft zumacht, gibt es für die Dorfbewohner keine Möglichkeit mehr sich zu treffen. Und diese Situation ist exemplarisch für viele kleinere und grössere Dörfer in Ost- und Westdeutschland: Es findet eine Entsozialisierung der ländlichen Gebiete statt.


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